Lebendig an Samhain

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Mal nicht weihnachtlich, aber dafür tierisch wird es in der von Jana Guth verfassten Kurzgeschichte… 🐕

Lebendig an Samhein

Edwine sitzt auf einer Parkbank. Sie bemerkt jemanden hinter sich, dreht sich um und blickt in das Gesicht eines Mannes. Langsam torkelt er auf sie zu und bittet sie um eine Flasche Alkohol. Resolut lehnt sie ab und steht auf, um nach Hause zu gehen. Er nimmt ihren Arm, doch sie reißt sich los und setzt zu einem Sprint an. Plötzlich spürt sie einen heftigen Schmerz. Edwine fällt zu Boden und ist tot.

Jacob ist sehr traurig. Seine Großmutter Edwine ist letzte Woche gestorben, weil ein Alkoholiker sie im Park erschlagen hat. Jacob beschließt, einen Spaziergang im Wald zu machen. Er geht über den Friedhof des Waldes, um zur Hütte zu gelangen. Es ist eine alte Jagdhütte. Als er ankommt, bleibt er plötzlich stehen. Vernahm er gerade nicht ein seltsames Geräusch? Er dreht sich um und erschrickt: vor ihm steht eine Frau ganz in weiß, alt und runzelig, mit grauen Lockenhaar. Sie starrt ihn an und ihr Mund öffnet sich zu einem stummen Schrei. Von beiden Seiten des Waldes schwillt ein Flüstern an – das langgezogene Wort „Jaaaaacooob“ scheint aus allen Schlupfwinkeln des unheilvollen Ortes zu kriechen. Erfüllt von purem Entsetzen und Angst rennt in die Hütte. Ist er verrückt geworden? Stattet ihm seine tote Oma einen Besuch ab? Er beschließt, Selbstmord zu begehen. Das ist besser als eine Irrenanstalt. Jacob sucht nach einer Waffe, um sich umzubringen und findet ein Seil für einen Strick. Er stellt sich auf einen Stuhl und legt sich den Strick um den Hals.

Wilbert geht mit seinem Welpen Ginger (Spitzname: „Hotdog“) im Wald spazieren. Er erlöst ihn von der Leine. Ginger rennt zwischen den Bäumen umher und macht sein Geschäft. Plötzlich beginnt es zu regnen und ein Donner zerschneidet die Idylle. Der Regen wird stärker, immer dichter werdender Nebel breitet sich auf dem Hain aus. Das Gewitter hat sie eingeholt. Der dichte Nebel verwehrt Wilbert die Sicht. Wo ist Ginger? Er irrt herum und bekommt Angst. Plötzlich schlägt ein Blitz in einen Baum ein, Wilbert rutscht auf Gingers Kot aus und fällt zu Boden. Der vom Blitz getroffene Baum fällt auf Wilbert. Unfähig, schnell zu reagieren, landet der Baum auf den Beinen des vor Schreck erstarrten Jungen. Er schreit sehr laut, aber wegen des Gewitters hört ihn niemand. Er ist alleine.

Ginger hat gerade seinen Kot erledigt und geht zu der schönen grünen Wiese hinter dem Wald. Er weiß, dass es dort einen See gibt, in dem er schwimmen kann. Plötzlich fängt es an zu regnen und ein Gewitter bahnt sich an. Er bekommt Angst und möchte bei seinem Freund Wilbert sein. Aber wo ist Wilbert? Ginger kann ihn nicht sehen und wird unruhig. Aus Furcht vor dem Gewitter rennt er blitzschnell durch den Wald. Aufgeregt und verängstigt sucht Ginger seinen Freund. Aber er kann ihn nicht finden.  Was ist passiert, als er am See war? Dichter Nebel zerstört seine Sicht, also muss er sich auf sein Gespür verlassen. Dann hört er es. Ein leiser Schrei. Ginger rennt in die Richtung des Hilferufs und findet seinen Freund. Wilbert liegt unter einem großen Baum, seine Beine sehen ganz entstellt aus und er blutet. Ginger bellt. Wilbert schaut auf und sieht ihn an. Ginger versteht. Wilbert kann nicht anders, also muss Ginger reagieren. Schnell. Er rennt zu der Hütte, die er kennt, und springt auf die Tür zu.

Plötzlich hört Jacob ein seltsames Geräusch an der Tür. Ist es seine tote Oma? Was soll er tun? Oh nein, bitte nicht! Vorsichtig geht er zum Fenster neben der Tür. Die Dunkelheit ver-finstert die Sicht. Er kann niemanden sehen. Das Geräusch ertönt erneut und Jacob ist endlos verwirrt. Niemand ist an der Tür, aber er kann doch dieses seltsame Geräusch hören. Was ist das? Entpuppt sich Edwine als Gestaltwandler? Hat sie den Nebel hervorgerufen, um ihn sich einzuverleiben und zurück ins Leben zu gelangen? Sein Leben einzunehmen? Spekulieren bringt nichts! Langsam öffnet er die Tür, um zu sehen, was dahinter ist. Etwas huscht durch die Tür in die Hütte. Oh nein! Was hat er getan? Er schließt die Tür und stellt sich auf den Stuhl. Plötzlich sieht er es. Es ist nur ein kleiner Welpe! Er fängt an zu lachen. Ein Lachen der Erleichterung. Er kann aufatmen. Aber dann merkt er, dass der Kleine sehr aufgeregt ist und es scheint, als hätte er Angst. Jacob steigt vom Stuhl herunter und nimmt den Welpen in seine Arme. Er sieht sehr süß aus. Auf einmal springt der Welpe zur Tür und bellt sehr laut und eindringlich. Jacob will nicht nach draußen zu seiner toten Oma gehen, aber der kleine Welpe… Jacob beschließt, sich seiner Angst zu stellen. Er öffnet die Tür noch einmal.  Der Welpe rennt in den Wald, also folgt ihm Jacob. An einem umgestürzten Baum bleibt der kleine Hund stehen, der vom Sturm getroffen wurde. Jacob schaut ihn an. Dann sieht er den Mann unter dem Baum. Oh nein! Er ist schwer verletzt und blutet. Jacob versucht, den Baum zu entfernen. Ohne Erfolg. Der Baum ist viel zu schwer und hat sich in den Kronen der Artgenossen verfangen. Was kann er tun? Jacob rennt aus dem Wald, um ihn herum peitscht das Unwetter. Furcht macht sich in ihm breit. Aber der Mann ist wichtiger als seine Gefühle. Jacob kommt im Dorf an und rennt zum Haus seiner Eltern. Er klingelt lange und sein Vater öffnet. Bevor sein Vater ihn fragen kann, was das soll, erzählt Jacob ihm kurz die Geschichte des Mannes im Wald. Sein Vater ruft den Notdienst und klärt die Einzelheiten. Dann gehen sie in den Wald und Jacob zeigt ihm den Ort. Sein Vater hat seine Kettensäge mitgenommen und sägt den Baum in Stücke. Der Mann unter dem Baum bewegt sich und Jacobs Vater hilft ihm, sich aufzusetzen. Der Notdienst kommt und legt den Mann, der Wilbert heißt, auf die Krankentrage. Während sie zum Krankenhaus fahren, gehen Jacob und sein Vater nach Hause.  In der Küche erzählt Jacob die ganze Geschichte, die er erlebt hat. Ginger, der Welpe, ist bei ihm in der Küche. Dort darf er bleiben, bis Wilbert aus dem Krankenhaus kommt. Später, als Jacob in seinem Bett liegt, hört er ein Geräusch an seinem Fenster. Er steht auf und schaut vorsichtig hinaus. Da ist es! Das Gesicht seiner Oma! Sie winkt mit der Hand und geht. Dann wird ihm klar, dass es Samhain ist, also könnte seine Oma wirklich noch am Leben sein. Jetzt ist es nach zwölf Uhr. Der nächste Tag hat begonnen und er hat sich nicht von ihr verabschiedet.

Sehr gerne dürft ihr jederzeit Kurzgeschichten, Essays, Gedichte, Comics und vieles mehr einreichen! Frohe Weihnachten!

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